So, ich fahr dann mal zur See. Und zwar morgen. Nein, ich habe nicht angeheuert und werde auch nicht Kübelböck-mäßigen Abgang machen.

Ich gehe auf einen Segeltörn. Allein. Also nicht ganz allein, da noch Handvoll andere Passagiere und nicht ganze Handvoll Crew mit an Bord sein werden, aber ich hab das allein gebucht. Warum? Erstens weil’s Spaß macht. Zweitens zur Selbstfindung (ja, ich such mich immer noch) und drittens aus meinem Lieblingsgrund: Flucht.
Bin nämlich gerade etwas überfordert von dem ganzen Trubel. Nach der Sommerpause kam nämlich eine Flut an Ereignissen, die ich erstmal verarbeiten muss. Zudem bin ich momentan maximal angewidert über die Entwicklung der Menschheit da draußen.
Mal abgesehen davon, dass gerade die 5. Jahreszeit stattfindet. Die Wiesn ist ja traditionell und wirtschaftlich gesehen eigentlich ganz sinnvoll. Früher ging es dabei auch nur ums Aufreißen und sich-tot-saufen. Wahrlich noble Beweggründe im Vergleich zu jetzt. Neulich Nachts musste ich in meinem Treppenhaus über einen Burschen in Tracht steigen, der kopfüber quer über der Treppe liegend tief und fest schlief. Ich war fast gerührt von diesem unschuldigen Anblick.
Denn heutzutage geht es eigentlich nur noch um exzessive Selbstdarstellung und -beweihräucherung. Zu der ohnehin schon oberwichtigen Gschaftlhubergesellschaft kommt jetzt nämlich auch noch die junge Generation an Wannabes und  “Hohlbirnen-Pseudo-Instagram-Influencer-Weibern“, wie mein Kumpel Sami (Name von der Redaktion absichtlich nicht abgekürzt, weil er selbst Influencer-Next-Level ist;)) erst neulich motzte. Und dann gibt es da auch noch die supercoolen Typen, die höchsten als Waschlappen zu gebrauchen sind…
Tja, das ist Wiesn 2018. Früher Influenza, jetzt Influencer. Da ist mir die Grippe lieber. Gut, unser Sami ist -ähnlich wie ich – Vollzeit-Aggro-Kanacke und daher von Haus aus grundsätzlich dagegen. Aber er besitzt eine äußerst rare Eigenschaft: Authentizität.
Wo war ich? Ach ja! Mal ABGESEHEN vom Oktoberfest, ist es ganz schön gruselig, was da draußen abgeht. Mit da draußen mein ich Madcity. Außerhalb meiner Wohnung in der ich mich jetzt seit ein paar Tagen verbarrikadiert habe. Liegt das an einer seltsamen Planetenkonstellation oder wurde das Grundwasser verseucht? Oder bin ich grad hypersensibel und bilde mir nur ein, die Leute wären innerlich noch toter, oberflächlicher und stilloser als sonst? Wobei…letztes Wochenende in Prag hatte ich den gegenteiligen Eindruck. Habe dort sogar jemanden kennengelernt, der mich fast glauben lässt, dass es so etwas wie alte Schule, Anstand, Stil und Respekt doch noch gibt. Aber er kommt aus Miami. Und ist deshalb vermutlich nicht beispielhaft. Die Grundwasser- und Planetenkonstellation-Theorie fallen daher auch weg. Vielleicht bin ich in Madcity auch kritischer?

Nee, so langsam komme ich nicht mehr aus. Ich muss es zugeben und allen die nicht hier leben, recht geben. Der Anteil an menschlicher Ausschussware ist in München besonders hoch. Manieren, Stil und Respekt suchst du hier vergeblich. Dafür wird in Advanced-High-End-Manier geblendet, bis dir schlecht wird.

Ich geh mir jetzt nen Seesack kaufen. Aber keinen von Louis Vuitton. Sonst geht der noch unter all den anderen am Münchner Flughafen verloren.

Mad City

One Reply to “Sail Asylum”

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