Ich weiß, dass ich nichts weiß. Genau wie Sokrates. Ist auch okay, damit kann man umgehen. Aber nichts zu fühlen, das ist seltsam. Es hat sich seit ein paar Wochen so ein dumpfes, tinnitusartiges Gefühl in mir breit gemacht und will nicht mehr weg gehen. Im Gegenteil, ich habe den Verdacht, es will bleiben.

Und das zu Weihnachten. Alles trieft nur so vor Besinnlichkeit und Liebe und dem ganzen Zeug – und ich stecke in einem Vakuum. War ja klar, dass ich wieder aus der Reihe tanze. Ist aber eigentlich gar nicht so schlecht, wenn alles an einem abprallt. Gehe einfach mal taubstumm durch das Leben und betrachte alles aus der Vogelperspektive.

So wie meine Freundin B neulich, als sie den neuen Wohnort ihres Ex-Freundes aus der Vogelperspektive bei Google Earth gestalkt hat. Und in einen Schockzustand fiel, weil ihr plötzlich so viel bewusst wurde. Ich falle nicht mehr in einen Schockzustand. Vielleicht befinde ich mich bereits in einem. Und mein Herz hat sich in eine Art posttraumatisches Wachkoma versetzt und erstmal keinen Bock mehr. Nach dem Motto: wenn ich schon tot bin, kann ich ich zumindest nicht mehr sterben.

Das gleiche dachte ich mir letzten Sonntag, als ich  – schwer beschädigt durch Kater –  Mittags für ein Shooting mit meiner Freundin E an die Isar fuhr und mich halbnackt in den Schnee legte. Interessanterweise spürte ich keine Kälte. Erst nach einer Stunde kam sie, aber dafür mit voller Wucht. E legte mir alle Mäntel und Decken um, die wir dabei hatten, drückte mich an sich und wir hüpften gegen die Kälte an. Ich glaube, der Anblick war für Passanten etwas verstörend. Selbst schuld, wer geht denn auch bei Minusgraden an der Isar spazieren?

Apropos andere Menschen. Bin jetzt quasi auch ein Zombie inmitten von anderen Untoten. Schließlich lebe ich in einer Stadt, in der es sehr viel Leere gibt. Und um meine neuen Artgenossen besser kennenzulernen, hab ich mich letzte Woche zur obersten Gesellschaftsschicht gesellt. Für dieses Projekt wirklich bestens geeignet. Hab es mir in meiner Vogelperspektive gemütlich gemacht und beobachtet, wie völlig leere Menschen sich stundenlang unterhielten, ohne etwas zu sagen. Wie sie vorgaben, Spaß zu haben, ohne einen Funken Freude zu empfinden.

Es war wie bei Walking Dead, nur ohne die Splatter-Effekte. Aber mindestens genauso gruselig.

“Es ist schwerer, Gefühle die man hat, zu verbergen, als solche die man nicht hat, zu heucheln.”
-Francois La Rochefoucauld-

Mad City

Leave a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.