Ich glaube an Grenzen. Das wird mir immer bewusster, je begrenzter unsere Welt wird und diese Wandlung passiert ja gerade in einem unfassbaren Ausmaß. Nach einigen Dekaden voller Unbegrenztheit und schier unendlicher Möglichkeiten hat jemand plötzlich den Schalter umgelegt. Ob Staatsgrenzen, Verbote, sogar Sperrstunden…uns werden gerade Grenzen gesetzt, die viele von uns noch nie kannten.

Und gleichzeitig verschmilzt alles. Gendergrenzen werden überwunden, wir teilen erstmals weltweit das gleiche Problem und glauben, dass wir ewig leben können. Was im Übrigen eine Katastrophe wäre. Man stelle sich vor, dieses Leben würde niemals enden. Wäre es dann überhaupt noch wertvoll? Ist es nicht so, dass der Wert einer Sache an ihrer Limitierung gemessen wird? 93% aller Menschen, die bisher geboren wurden sind tot. 7% davon leben noch. Das sind wir. Und dank unseres eingebauten Selbstzerstörungsmechanismusses gehören auch wir bald der Mehrheit an. Der Tod wurde uns einprogrammiert, er ist derart sicher, dass es schon wieder banal wird. Dennoch besteht durch ihn eine existenzielle Angst in uns, die uns antreibt. Denn durch ihn – unserer echten und unüberwindbaren Grenze – wird das Leben so wertvoll, dass wir nicht anders können als es zu schätzen.

Meine persönlichen Grenzen sind es, die mich beruhigen. Ich kann nicht singen, deshalb muss ich kein anstrengendes Rockstar Leben führen. Und ich bin auch sonst nicht sonderlich künstlerisch begabt, so dass mir die Qual eines brotlosen Daseins zugunsten meiner Leidenschaft erspart bleibt. Ausserdem bin ich eine Frau und werde glücklicherweise auch so behandelt. Und nicht wie ein Kerl, der auf dem Bau arbeitet. Ist das sehr kleingeistig? Mag sein. Aber ich mag meine Grenzen, sie sind wie ein Kokon. Je älter ich werde, um so kuscheliger wird mein Kokon für mich. Ich kenne jeden Winkel und erkenne jede kleinste Erschütterung sofort. Ich muss ihn nicht mehr ausdehnen um Menschen und Emotionen darin unterzubringen, für die es eigentlich keinen Platz gibt. Und das wiederum ist extrem befreiend.

“Freiheit besteht im Erkennen der Grenzen” sagte der indische Philosoph Jiddu Krishnamurti.  Durch die neuen Grenzen, die unsere Welt gerade zu verändern drohen, kann also eine neue Form der Freiheit gewonnen werden. Denn Begrenzung macht auch kreativ und schafft neue Helden.

Und wenn es auch nur ein Pseudoheld ist, der lockenköpfig und brustbehaart „I‘ve been looking for freedom“ schmettert, während unsere neuen Mauern endlich wieder eingerissen werden…

Mad City

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