Nüchtern betrachtet, war es betrunken besser.
Denn nach dem Rausch frisst einen die Realität auf. Ich lass mir das aber nicht mehr gefallen. Werde der Realität für den Rest des Jahres Hausverbot erteilen und mit meinem pinken Einhorn kuscheln.
Im nächsten Jahr befass ich mich dann vielleicht wieder mit ihr. Vorrausgesetzt, sie entschuldigt sich und schlägt einen freundlicheren Ton an. Bin ja echt nicht empfindlich und eigentlich ein “tough, little cookie”, aber mein Limit ist erreicht. Hab neulich erst einen Artikel über Eskapismus gelesen (Anm. d. Red.: das bedeutet Flucht aus der Realität, ich musste es auch erst googeln). Darin ging es um mentale Abkopplung und wie befreiend es sein kann, sich wieder in die Kindheit zurückzuversetzen, als man noch in seiner eigenen Realität lebte und sich keine Gedanken machte. Schön, aber ich kann mich leider nicht mehr in ein Kleinkind verwandeln und will jetzt eigentlich auch keine weiteren psychologischen Auffälligkeiten entwickeln. Halte es lieber mit meiner Kernkompetenz: dem Verdrängen.
In diesem Sinne wechsel ich einfach mal nonchalant das Thema und erzähle euch von einer Begebenheit, die mich schon seit ein paar Wochen beschäftigt. Da war ich nämlich über’s Wochenende in Düsseldorf und lernte ein Pärchen kennen, das erst seit einem Monat zusammen war und bereits zusammen wohnte. Sie sprachen auch schon vom Hauskauf irgendwo “im Grünen”. Und sie waren beide noch nie in einem Social Media Portal registriert. Nein, das hab ich mir nicht ausgedacht. Meine Freundin E war Zeugin und mindestens genauso überfordert mit der Situation wie ich. Wir nickten und lächelten wie behämmert, während die beiden – die natürlich aussahen, wie aus einem Möbelkatalog entsprungen – uns händchenhaltend erzählten, wie sie sich kennengelernt hatten.
Ich versuchte, sie zu befragen, ohne es aussehen zu lassen, als wäre dies eine soziologische Studie an Ausserirdischen. Bin nicht sicher, ob mir das gelungen ist, ich hab meine Gesichtszüge oft nicht unter Kontrolle.
Meine soziologische Studie fiel dann leider dem Wein zum Opfer, denn ich kann mich nicht mehr so genau an die Antworten erinnern, bin aber seit dieser Begegnung um eine Erkenntnis reicher. Ich weiß jetzt, dass auf diesem Planeten “normales” Leben existiert. Und irgendwie beruhigt mich das. Das und mein pinkes Einhorn.